Was für ein Ritt…

04.05.2019

Heute sollte es endlich losgehen, deswegen bin ich gegen 6:00 Uhr aufgestanden und habe nochmal den Wetterbericht geprüft um mich dann auf den Törn vorzubereiten. Der Wind kommt nun eher aus Nord als aus West – Kreuzen! Aber was wären die Alternativen? Alles weiter nach Westen wird noch schwieriger und nach Osten will ich ja nicht. Also bleibe ich bei Marstal.

Nach einer warmen Dusche habe ich mir auch nochmal die Karten von Wendtorf und Marstal eingeprägt. Unterwegs ist nichts groß zu erwarten, kein Sperrgebiet, keine Tonnen, nichts… Nur irgendwann die Ansteuerungstonne WP289 für Marstall. Also ist das Vorgehen klar. Bis zum Kieler Leuchtturm und dann irgendwie Kurs unter 20 Grad halten, dann komme ich schon irgendwann aus. Vermutlich würd der Trip ca. 30 Meilen, wenn die Kreuzerei nicht zu viel wird.

Gegen 7:05 Uhr habe ich die Hafenkarte zurückgegeben. Dann ging es daran, das Schiff seeklar zu machen und die Segel vorzubereiten. Ich entschied mich für die Fock und das 1. Reff.

Der Ableger passierte dann um 8.05 Uhr und verlief vollkommen unproblematisch, auch ohne Hilfe am Steg. Mit knapp halbem Gas ging es durch den Hafen und raus ins Fahrwasser.

Doch der Wind und die Welle waren für den kleinen Motor schwieriger als erhofft. Ich gab fast Vollgas, wissend, dass dann die Akkus sehr! schnell leer gehen.

Als ich den Hafen verlassen habe und im Fahrwasser war, habe ich meinen 1. Fehler heute gemacht. Ich dachte, die Fock kann helfen mich ins freie Wasser zu bringen und ich habe die Chance Batterie zu sparen. Doch die Fock drückte mich nur nach Lee ins Untief, also machte ich Kontakt mit einem Sandhaufen. Gut, dass die enjoy4 einen Schwenkkiel hat. Ich schaffte es mich zu befreien und wieder ins Fahrwasser zu gelangen, nachdem ich den Kiel ein wenig aufgeholt habe.

Natürlich war auf einmal totale Hektik an Bord und ich hätte mir in den Hintern beissen können. Aber nun bin ich schonmal losgefahren, also beruhigen und weiter.

Gegen 9:15 Uhr war der Leuchtturm Kiel querab. Es war ziemlich windig und ich hatte auch ziemlichen Ruderdruck, also entschied ich, auf Reff 2 zu gehen. Damit lief die enjoy4 gleich ruhiger. Tapfer wühlte sie sich durch die Wellen und machte immer wieder bis zu 5 kn Fahrt. Ich fuhr hart am Wind, mit dem 2. Reff bei 20 kn Wind und guter Welle, trotzdem 4-5 kn, GUT.

Leider drehte der Wind wie erwartet mehr und mehr nach Nord und ich konnte die 15-20 Grad nicht mehr halten. Ich fuhr viel über 30 Grad um Fahrt im Schiff zu halten, deswegen begann ich gegen 12:30 zu kreuzen. Ich konnte mich schon an den Windrädern auf Aero orientieren und versuchte bei der Kreuzerei einfach, dass sie nicht zu weit querab wandern. Immer wieder gab es Schauer und Wellen kamen über. Es landete auch Wasser in meiner Kajüte.

Kurskontrolle auf dem Handy war nur schwer möglich. Mein iPhone erkennt keinen nassen Daumen und eine 6-stellige Pin bei Wind und Welle auch nicht ideal. Papierkarten studieren ging gar nicht. Ich bin gespannt, ob mir hier noch was besseres einfällt.

Nach langen 7,5 Stunden hatte ich die Ansteuerungstonne WP289 querab. Doch genau dann kam der richtige Wind. Gut war nur, dass ich in Landabdeckung war und sich nicht so viel Welle aufbauen konnte. Es waren sicher 25kn oder mehr. Fock weg! Das 3. Reff im Groß kriege ich auf die Schnelle so nicht rein. Doch Fock wegrollen hört sich einfacher an als getan. Bei dem heftigen Wind drehte sich die Fock so eng um das Vorstag, dass ich sie gerade mal zur Hälfte wegbekam. Ablaufen nach Ristinge habe ich mich auch nicht getraut, da ist viel Flach. Also mit flatternder Fock und flatterndem Groß abwarten. Ich raste mit 5 und mehr Knoten vor der Tonne rauf und runter und nach 30 Minuten war der Spuk auch schon wieder vorbei.

Schiff klarieren und schnell ins Fahrwasser. Ich konnte noch ein gutes Stück segeln, dann Tuch weg und Motor an. Mit 1/2 Gas fuhr ich kanpp 3 Knoten Richtung Hafen. Fast geschafft. Die Gastlieger sind am hintersten Ende des Hafens, das wußte ich. Nun kam wieder Wind auf und ich fuhr ohne Gas über 3 Knoten den Hafen entlang. Und dann das, die Gastlieger waren komplett leer und die Boxen sind für 10-Meter Boote.

Der Anleger funktionierte gar nicht. Ich weiss nicht, was ich alles falsch gemacht habe, aber hier waren sicher Fehler 2-5 des heutigen Tages. Wind von der Seite, niemand da der Leinen annehmen kann. also in eine Box mit dem Bug halbwegs Richtung luv. Doch die Leinen gingen zu langsam über, ich lag quer. Leinen los und Rückwärts an den nächsten Steg. Nach einigem hin und her lag ich kurz nach 17:00 Uhr fest, doch die Bugleinen waren zu kurz, ich kam nicht an Land. Egal – Ruhe ins Schiff bringen, alles klarieren und Aufräumen und dann Abwarten und einen Plan machen.

Tatsächlich liess dann irgendwann der Wind wieder nach und ich konnte wieder einen Steg nach Luv mit dem Bug in die Box. Ich habe es geschafft, der fast leer Akku kann wieder aufladen und ich kann etwas Essen und Trinken. Ich hatte zwar sowohl Wasser als auch Müsli-Riegel im Cockpit, doch es war zu windig für eine kleine Pause.

Ziemlich genau 9 Stunden gefahren und 33,4 Seemeilen im Kielwasser. Ich bin so froh, dass ich nicht gestern oder vorher raus bin. Auch die heutige Erfahrung war in der einen oder anderen Situation schon bissle brenzlig, mehr hätte ich nicht gebraucht. Feierabend!

Seemeilen Tag33,4
Seemeilen Gesamt33,4

8 thoughts on “Was für ein Ritt…

  1. Hey Erik, Congratulations that you finally could start after these changed weather conditions…Looking forward to the next updates…take care friend!

  2. Alter, das war kein Spaziergang. Hört sich nach einem echten Kampf mit den Elementen und einem Punktsieg für Erik an 🙂

  3. Wow, das war eine ordentliche Feuertaufe für Euch beide! 😮
    Was mich mal interessieren würde: Wie bekommst du überhaupt ein zusätzliches Reff ins Groß, wenn du alleine an Bord bist? Hast du eigentlich eine Selbststeueranlage oder sowas an Bord?

    1. Moin Danielle,

      Ich habe keine Selbststeueranlage, kann aber einen Aufschiesser fahren und habe pro Reff genau eine Leine, die ich ziehen muss. Das klappt gut.

      Gruß,
      Erik

  4. Glückwunsch. Bin schon gespannt wie und ob es heute weiter ging. Ich drücke die Daumen.

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